Warum

gibt es so viele

Ausschreibungsplattformen?

iStockphoto.com/bjdlzx

Auf Messen, Konferenzen und auch am Telefon werde ich immer wieder von Unternehmen gefragt, warum es eigentlich so einen (fast) unüberschaubaren Dschungel an Ausschreibungsplattformen gibt. Wie kann es sein, dass ganze Bundesländer, einzelne Kommunen, der Bund selbst oder auch Zusammenschlüsse von mehreren Behörden (als zentrale Vergabestelle) ein eigenes Portal besitzen? Dazu kommen noch diverse kostenpflichtige Portale. Diese gibt es auch wieder in bundesweiter, regionaler und nach Gewerk sortierter Ausprägung.

Dass diese Unübersichtlichkeit bei Unternehmen für Ratlosigkeit sorgt und auf Unverständnis stößt, ist nachvollziehbar. Zumal es Zeit und Geld kostet, auf mehreren Portalen zu suchen, um auf Ausschreibungen zugreifen zu können. Schlimmer noch, egal, wie sehr Sie sich anstrengen werden und wie viel Zeit und Geld Sie in die Suche nach passenden Ausschreibungen investieren, Sie werden nie alle Ausschreibungen finden. Wer Ihnen etwas anderes verkaufen will, ist nicht ehrlich. Warum gibt es also nicht nur eine Plattform? Ein paar der Gründe lesen Sie hier:

Das Erbe der Vielstaaterei

Deutschland ist ein föderalistischer Staat. Das bedeutet, dass der Bund nur in bestimmten Bereichen auf die Gesetze der Bundesländer und ihr Handeln Einfluss nehmen kann. Manches, wie etwa Schulbildung, Polizei oder auch das Vergaberecht liegen in der Hoheit der Länder. Jedes Land hat seine eigenen geltenden Gesetze und Vorschriften. Was im einen Land gilt, wird vom anderen völlig ignoriert.

Gesetzmäßigkeiten

Nun unterscheiden sich die Vorgaben und Richtlinien nicht nur nach Region, sondern auch nach der Art der Leistung. Das kann die unterschiedlichsten Ausprägungen haben. Einzig bei europaweiten Ausschreibungen ergibt sich eine gewisse Gleichstellung. Ein Beispiel: Egal ob Bau-, Liefer- oder Dienstleistungen ausgeschrieben werden, bei europaweiten Ausschreibungen müssen diese in der Onlineversion des „Supplements zum Amtsblatt der Europäischen Union“ veröffentlicht werden.
Bei nationalen Ausschreibungen, also bei Auftragswerten unterhalb der Schwellenwerte, ist die Sachlage wesentlich komplizierter:

  • Bauleistung nach VOB/A): Ausschreibung muss veröffentlicht werden. Wo und wie ist aber nicht festgelegt. Ketzerisch könnte man sagen, es genügt der Anschlag auf der Infotafel beim Rathaus.
  • Liefer- und Dienstleistungen: Hinweis zur Ausschreibung muss auf bund.de (das Portal der Bundesverwaltung) veröffentlicht werden. Es genügt aber die Angabe, dass es eine Ausschreibung gibt und wo man nähere Informationen erhält.
    a) Erfolgt die Ausschreibung der Dienst- bzw. Lieferleistung nach der VOL/A, so ist es zwar Pflicht zu veröffentlichen, aber es gibt (bis auf bund.de) kein Pflichtmedium.
    b) Die UVgO ist da wesentlicher strenger, gilt aber nicht in allen Bundesländern. Sie verlangt neben bund.de auch eine Veröffentlichung auf der Internetseite des Auftraggebers bzw. auf einem Internetportal. Zusätzlich dürfen andere Medien wie Zeitungen genutzt werden.

Geschmäcker sind verschieden

Mitarbeiter der öffentlichen Hand (sprich: öffentliche Auftraggeber oder auch Vergabestelle) sind Menschen, wie Sie und ich. Und ihr Kenntnisstand rund um das Thema Ausschreibung ist verschieden. Auch ihre Anforderungen an die Vergabesoftware (unterstützt bei der Durchführung von Vergabeverfahren) können unterschiedlich sein. Der Mitarbeiter einer Vergabestelle möchte zum Beispiel vollständig durch den Prozess geführt werden, da er selbst vielleicht nur zwei Ausschreibungen im Jahr hat und er daher nicht sehr tief in dem Thema steckt. Der Mitarbeiter einer anderen Vergabestelle betreut aber monatlich fünf Ausschreibungen. Sein Fachwissen ist entsprechend tiefer und er möchte weitestgehend Entscheidungs- und Gestaltungsfreiheit bei der Umsetzung der Ausschreibung haben. Der Markt bietet durch die verschiedenen Hersteller zahlreiche Software-Varianten an. Jede Software hat Vor- und Nachteile. Die Unterschiede bestehen aber nicht nur in der Bedienung und Darstellung, sondern auch darin, dass jede Software ihre eigene Plattform benötigt, da sie nur mit dieser zusammenpasst, also kompatibel ist.

Tipp to go

So gehen Sie die Plattformauswahl an

In absehbarer Zeit wird für Unternehmen wahrscheinlich keine Besserung bei der Suche nach Ausschreibungen eintreten. Und egal, wie viele Plattformen Sie abonnieren und auf wie vielen Seiten Sie recherchieren, Sie werden dennoch nicht alle für Sie passenden Ausschreibungen finden. Zumal die Recherche auch eine Zeit- und Kostenfrage ist. Daher mein Tipp: Wenn Sie die größtmögliche Abdeckung erreichen wollen, legen Sie für sich Eigenschaften und Merkmale fest, die eine Plattform mitbringen muss. Kriterien könnten sein: eine Kostenübersicht, ob Informationen per E-Mail angeboten werden sowie der direkte Zugang zu Vergabeunterlagen, die Möglichkeit der elektronischen Angebotsabgabe über die Plattform, Anzahl der Ausschreibungen, Regionalität, usw.

Mit diesem Fragen-Katalog gehen Sie auf die Anbieter der Plattformen zu und stellen die Fragen per E-Mail oder Telefon. Fragen Sie zudem nach einer kostenlosen Testphase, bei der Sie die Funktionen der Plattform und ihr Angebot für sich auf Herz und Nieren prüfen können. Entscheiden Sie sich dann für max. 2 bis 3 kostenpflichtige Plattformen. Richten Sie auf allen abonnierten Plattformen die E-Mail-Benachrichtigung ein. Haben Sie auch kostenfreie Plattformen für sich ausmachen können, prüfen Sie, ob Sie auch dort eine E-Mail-Benachrichtigung einrichten können und ob Ihnen bei Problemen eine kostenlose Service-Hotline angeboten wird.

Noch ein Hinweis: Manche kostenpflichtige Plattform sammelt lediglich Ausschreibungen wie eine Datenkrake, wenn Sie dann aber an dem Vergabeverfahren teilnehmen wollen, müssen sie sich ggf. zusätzlich auf einer anderen Plattform kostenpflichtig registrieren.